Michael Nischke | UFO Living

13. Oktober bis 5. November 2022

Die Ausstellung UFO LIVING greift den aktuellen Trend zu Tiny Houses, der Rückbesinnung zur Natur und dem Design der 70er Jahre auf. Gezeigt werden 16 Arbeiten der Serie „UFO VILLAGE“ aus dem Jahr 2020. Die Farbfotografien entstanden in Taiwan während eines Ausstellungs-Aufenthalts des Künstlers dort. Die nach den Plänen des finnischen Architekten Matti Suuronen errichtete, strandnahe Besiedlung von Ferienhäusern der sogenannten „Weltraum-Architektur“ besteht aus zirka 13 Häusern, die auch heute noch futuristisch anmuten.

Ende der Sechziger Jahre bekam Matti Suuronen den Auftrag eine mobile Ski-Hütte zu entwerfen. Es war die Zeit des technologischen Fortschritts. Zukunftsvisionen mit neuen Materialien entstanden, visionäre Entwürfe – von der Zuversicht in Wissenschaft und Technik geprägt – eroberten den Markt. Neue Energieträger und der Traum zu anderen Planeten zu reisen entfachten ein Feuerwerk an utopischen Lösungsansätzen.

So entstanden die weltweit ersten aus Kunststoff gefertigten und in Serie produzierte Häuser aus der Feder von Matti Suuronen. Das FUTURO Haus, einer „fliegenden Untertasse“ gleich, eroberte im Nu die Herzen der Interessenten. Kein anderes Objekt verkörpert das Design jener Aufbruchsepoche besser als Suuronens Entwurf.

Das in Segmentbauweise hergestellte rund 25 – 36 qm große Haus besteht aus mit Glasfaser verstärktem Polyester. Der Durchmesser von acht Metern und die Höhe von vier Metern ermöglichte die Einrichtung einer kleinen Wohnung mit Schlaf- und Wohnraum sowie Küche und Bad. Die Tür mit integrierter Treppe – nach außen ausklappbar – ähnelt jener von kleinen Jets.

Mit einem Gewicht von rund vier Tonnen inklusive Einrichtung konnte das Haus mit einem Transporthubschrauber selbst in unwägbarem Gelände auf das Metallgerüst aufsetzen.

Daneben gab es einen weiteren Entwurf: die VENTUROS. Ebenfalls futuristisch anmutend, wirken diese Häuser in der Formgebung ebenso spektakulär. Auch sie kamen dem Streben nach einer neu entdecken Mobilität entgegen.

Dem Space-Age-Gedanken folgend, interessierten sich zunehmend auch Künstler, Designer und Kreative für diese außergewöhnliche Behausung. Der Aktionskünstler Charles Wilp platzierte ein FUTURO auf dem Dach seines Düsseldorfer Hauses. Andy Warhol und Joseph Beuys besuchten Wilp in seinem „Raumschiff“. Auch Christo nahm sich des Objekts an und verpackte 1970 ein FUTURO im Rahmen einer Kunstaktion.

Zwischen 1968 und 1973 lieferte die Polykem Ltd. weltweit rund 60 oder sogar bis zu 100 FUTUROS aus. Doch die Produktion auf Kunststoffbasis erwies sich im Zuge der weltweiten Ölkrise 1973 als unrentabel.

Weniger bekannt sind die Hintergründe einer wohl einmaligen Ansammlung von FUTUROS und VENTUROS in Taiwan. Die teils verfallenen Häuser dieser Feriensiedlung wirken fluchtartig verlassen. So ranken sich um das „Ufo Village“ genannte Gelände einige Theorien und mystische Geschichten. Da die FUTUROS nicht auf einem Metallgerüst aufgesetzt und zudem höher angeordnet sind sowie eine gewöhnliche Treppe aufweisen, geht man entweder von einer Lizenznutzung oder von Kopien aus.

Ein FUTURO landet in München

Ein von ehemals 70 gebauten Original FUTUROS ist seit 2017 Ausstellungsstück der Münchner Pinakothek.

Die Design-Ikone, die einst eigentlich nur als Ski-Hütte gedacht war, war in den frühen Siebzigerjahren im Besitz von Stiebel Eltron und stand auf dem Firmengelände in Vlotho. 2012 kaufte es das Charles-Wilp-Museum in Witten. Das Münchner Design-Museum Die Neue Sammlung hat das Futuro-Haus den Wittener Kollegen abgekauft und präsentiert es nun nach einer Restaurierung erstmals öffentlich im Freiraum vor der Pinakothek.

 

MICHAEL NISCHKE (*1956 in Berlin-Schmargendorf) kam während seiner Schulzeit in Oslo (Norwegen) zur Fotografie. Er absolvierte später das Fotostudium in Köln und assistierte in den Jahren 1983 bis 1986 Prof. Heinrich Riebesehl. Neben seiner praktischen, fotografischen Arbeit für namhafte Verlage verfasste er eine Vielzahl von renommierten und mit Preisen ausgezeichneten Fachbücher und war als Mitglied der Chefredaktion von Photo International – dem professionellen Magazin für die internationale Fotoszene – für das Technikressort verantwortlich. Er gilt als einer der Protagonisten der Panorama-Fotografie in Deutschland und gründete 1990 in München die erste Fotogalerie speziell für dieses Format.

Er ist zudem berufenes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) und veröffentlichte in den letzten Jahren mehr als 50 Bücher und Kunstkalender. Seine Werke wurden bisher auf mehr als 50 Ausstellungen – unter anderem in Japan und Taiwan – gezeigt.

 

Bilder

Ausgewählte Werke